Langtursteuerleute 2018
Schein oder nicht Schein? Das ist hier die Frage.
Wer in Dänemark auf Wanderfahrt geht, muss das dänische Langtur-Steuermannspatent besitzen. Das lässt sich für deutsche Teilnehmer in der Ruderakademie Ratzeburg in einem Schnellkurs erwerben.
Wanderruderfahrten erfordern in der Regel eine umsichtige Planung vom Fahrtenleiter. Geht es zum Beispiel auf die dänische Ostsee, ist der Besitz eines „Langtur-Steuermannspatent“ des dänischen Ruderverbands (Dansk Forening for Rosport) nötig.
Denn anders als bei Wanderfahrten auf Flüssen ist eine Tour auf dem Meer mit einem seegängigen Gigboot – einem Inrigger – eben nicht ungefährlich. Wind, Wetter und Wellenbildung erfrodern eine besondere Verantwortung und vor allem strenge Vorschriften des Obmanns sowie des/der Steuermanns/Steuerfrau gegenüber der Mannschaft.
Spezialkurs für dänische Gewässer
Daher bietet der DRV seit einigen Jahren einen speziellen Langtur-Steuermannskurs an, der in der Ruderakademie in Ratzeburg übers Wochenende stattfindet und das nötige Wissen für eine Dänemark-Tour vermittelt.
Es ist zugegebenermaßen ein straffes Programm mit vielen, interessanten Lektionen, das den ganzen Samstag und den halben Sonntag beansprucht. Zum Abschluss müssen die Teilnehmer – ähnlich wie in einer Fahrschule – eine schriftliche Prüfung bestehen. Nach erfolgreichem Test sind die Kursteilnehmer als frischgebackene Ob- und Steuerleute berechtigt, Boote in Dänemark auszuleihen und zu steuern. Das entsprechende Patent wird vom Dänischen Verband offiziell ausgestellt und den jeweiligen Vereinen und deren Teilnehmer nach einigen Wochen zugeschickt.
Experten aus Dänemark
In diesem Jahr fand der Steuermannskurs vom 16. bis zum 18. Februar mit 18 Teilnehmern statt, die aus Hamburg, Aurich, Flensburg, Lübeck sowie Bonn anreisten. Freitagabend gab es ein gemeinsames Abendessen; eine gute Gelegenheit, sich kennenzulernen und die Zimmer in der Ruderakademie zu beziehen.
Lehrgangsleiter Niels Bak Henriksen vom Dansk Forening for Rosport sowie die beiden Dozenten Heike Gosse und Lise Pedersen kamen aus Kopenhagen und Aalborg angereist. Bereits im Vorfeld wurde die Teilnehmer angehalten, sich mit der ins Deutsche übersetzte Steuermannsmappe vertraut zu machen. Immerhin waren es 124 Seiten mit 15 Kapiteln.
Im Kurs selbst wurde natürlich nur wenige, aber wichtige Themengebiete vertieft. Direkt nach dem Frühstück ging es pünktlich um acht Uhr los mit der herzlichen Begrüßung von Andreas König (Referent für Bildung beim DRV). Lise Pedersen führte die Teilnehmer zunächst durch das Kapitel „Verantwortung und Pflichten des Obmanns“, erläuterte anschließend das Langtursstyrmandsreglement sowie die speziellen Versicherungsbedingungen der dänischen Rudervereine. Danach folgte Niels Bak Henriksen mit einem sehr interessanten Exkurs zu Wetter, Wind und Wellenbildung.
Navigieren als Gruppenarbeit
Natürlich gab es auch die obligatorische Gruppenarbeit: Abhängig von den Windverhältnissen sollten die Teilnehmer Strecken und Routen zwischen den Inseln festlegen und beachten, wo Brandung oder Untiefen auftreten könnten. Für die meisten Teilnehmer war es ganz schön schwierig, sich überhaupt durch die dänischen Inseln zu navigieren. Lustig war es dennoch, vor allem bei der Aussprache der Inselnamen.
Danach folgten Lektionen in der Steuertechnik (es gilt die Wellenbildung im Meer zu kennen) und die Einführung in der in Dänemark gebräuchlichen Innenriggerboote. Diese besonders stabilen Riemenboote, die vorne und hinten ein festes Schott haben und in dem man versetzt sitzt, werden in dänischen Gewässern genutzt.
Praktisches Wissen
Wichtig bei Fahrten auf dem offenen Meer sind gute Kenntnisse über Seesicherheit und Kollisionsverhütung. Zur praktischen Übung wurden kleine Papierschiffe (Ruder-, Segel- und Motorboot) verteilt und einige knifflige Aufgaben gestellt. Versenkt wurde keins der kleinen Boote.
Weiter ging es dann mit Seezeichen und dem richtigen Lesen der Seekarten. Wo stehen welche Fahrwassertonnen? Wo sind Gefahrentonnen, die umschifft werden müssen? Als dann Niels und Lise große, laminierte Seekarten auspacken, wurde es ernst: In kleinen Gruppen sollten die Teilnehmer jetzt Wanderfahrten in der Dänischen Südsee planen und diese dann mehr oder weniger lustvoll dem Kreis vortragen.
Damit das auch einigermaßen klappen würde, standen Lise und Niels mit wertvollen Hinweisen zur Seite. „Hier hat der Ruderverein ein Sommerhaus, in dem man übernachten kann“, meinte Niels. „Das ist eine schöne Insel mit tollen Steilküsten, aber man darf da nicht zelten“, sagte Lise. Am Ende kamen sechs sehr unterschiedliche Fahrten heraus, und jede Gruppe warb begeistert mit der eigenen Tour. Manchmal war man doch überrascht, mit welcher Inbrunst Dänemark entdeckt werden kann.
Letzter Tag mit Kompass
Am nächsten Morgen ging es schon um 7.30 Uhr los: Seekarten, Positionsbestimmung und das Arbeiten mit dem Kompass. Danach ging es im winterlichen Morgen raus an den Steg, um mit dem mitgebrachten Kompass in der Natur die richtige Peilung aufzunehmen. Das ist wichtig, wenn zum Beispiel auf einer Tour Nebel aufzieht und es schnurstracks an Land gehen soll.
Nach ein wenig Knotenarbeit (die Segler hatten hier eindeutig einen Vorteil) und ein bisschen akustische Theorie mit Schallsignalen ging es nach dem Mittagsessen in die schriftliche Prüfung. Danach wurden die Ergebnisse gemeinsam besprochen und aufgelöst. Am späten Nachmittag traten die Teilnehmer voll mit neuem Wissen die Rückreise an.
Ein großer Dank gilt Andreas König von der Ruderakademie für die zuverlässige und kompetente Organisation und Betreuung. Die Teilnehmer bedankten sich auch herzlich bei den dänischen Referenten Niels Bak Henriksen, Heike Gosse und Lise Pedersen. Sie überzeugten mit viel Praxiswissen und Kompetenz sowie mit einer ruhigen und freundlichen Vermittlung. Dänemark, wir kommen!
Jean-Marc Göttert, Ruder-Gesellschaft Hansa Hamburg
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